Nordhorn: Dem einen oder anderen aufmerksamen Zoobesucher ist es bestimmt schon aufgefallen. Zwischen den großen und stattlichen Poitou-Eseln „Urmel“, „Fabienne“, und „Titus“ tummelt sich auf langen, staksigen Beinen ein sehr flauschiger neuer Mitbewohner. Seit dem 04.08.2020 bereichert ein niedliches Stutfohlen die Gruppe der Großesel im Tierpark Nordhorn. Anfangs noch vorsichtig hinter Mama „Urmel“ versteckt, erkundet das Eselfohlen mittlerweile neugierig den Auslauf am Vechtehof und bringt den Zooalltag ordentlich durcheinander. Mit seinen langen Ohren und großen Augen zieht es jeden Besucher sofort in seinen Bann und kommt gerne an den Zaun um Gäste des Tierparks zu begrüßen. Das Fell ist noch kurz gelockt, doch das typisch zottelige Haarkleid dieser Eselrasse lässt sich schon erahnen. Tagsüber ist die Eselfamilie mitunter auf der großen Vechtewiese zu finden. Hier kann die kleine Stute nach Herzenslust rennen und die anderen Bewohner der Wiese kennenlernen.
Die Zucht der seltenen Eselrasse unterliegt ganz bestimmten Auflagen. Der Tierpark Nordhorn ist nun schon seit etwa 24 Jahren erfolgreich an der Erhaltungszucht der Poitou-Esel beteiligt. Das heutige Stammbuch, auch Stutbuch genannt, wurde 1884 eröffnet und setzt sich aus zwei Büchern zusammen. Reinrassige Poitou-Esel werden in das sogenannte A- Buch eingetragen. Tiere, bei denen zum Erhalt der Rasse andere Esel eingekreuzt wurden, stehen im B- Buch. Um zur Zucht zugelassen zu werden, müssen außerdem bestimmte äußerliche Merkmale erfüllt sein. So sollte der große, lang gezogene Kopf über 60 cm lang sein und die Ohren dürfen eine Länge von bis zu 40 cm haben. Das Stockmaß der Zuchttiere muss zudem in einem bestimmten Bereich liegen (Details siehe Rasseportrait). Werden beide Elternteile im A- Buch geführt, darf auch das Fohlen dort eingetragen werden. Wenn das Muttertier im B- Buch und der Vater im A- Buch steht, wird das Jungtier im B- Buch geführt. Da Mama „Urmel“ ein Tier aus dem B- Buch ist, gehört das Fohlen ebenfalls dieser Zuchtline an.
Mittlerweile hat das kleine Fohlen auch einen Namen bekommen. Namenspatin Susanne Sloot-Schöpping taufte die kleine Stute, die zukünftig einen wichtigen Teil zur Erhaltung dieser besonderen Eselrasse beitragen kann, auf den Namen „Kacie“.
Rasseportrait:
Poitou-Esel sind mit einem Gewicht von bis zu 450 kg die schwerste Eselrasse der Welt. Ihren Namen verdanken sie der Region Poitou in Westfrankreich. Das rotbraune Fell, die langen Zotteln und die weißen Akzente um Maul, Nase und Augen machen die Tiere zu einem echten Hingucker. Der Poitou-Esel hat einen kräftigen Hals und einen langen, geraden Rücken. Das Stockmaß sollte bei Stuten zwischen 135 und 145 cm, bei Hengsten zwischen 140 und 150 cm liegen. Die kräftigen Beine enden in großen Hufen, die idealerweise Haarbehang aufweisen. Die Rasse ist ca. seit dem 10. Jahrhundert bekannt, wobei sie wahrscheinlich schon früher entstanden ist. Verwendung fanden die Tiere zunächst ausschließlich in der Zucht von robusten Maultieren, die jahrhundertelang für sehr viel Geld in die ganze Welt verkauft wurden. Durch die steigende Motorisierung ging die Nachfrage sehr stark zurück und der Tierbestand schrumpfte 1972 auf nur 25 Tiere. Durch gezielte Erhaltungsmaßnahmen des französischen Landwirtschaftsministeriums konnte sich die Rasse, die kurz vor dem Aussterben stand, wieder erholen. Heute gibt es ungefähr 900 Poitou-Esel weltweit.
(Bild: Franz Frieling)
(PM)
(01.09.20)