Der Naturschutzbund, kurz NABU, reicht eine EU-Beschwerde gegen die Wolfsverordnung des Landes Niedersachsen bei der EU-Kommission in Brüssel ein. Es werden Verstöße der Verordnung gegen den Artenschutz, sowie die Ausnahmen der Europäischen Flora-Fauna-Habitatrichtlinie beanstandet. Umweltminister Olaf Lies weist diese Kritik zurück.
Das Land weiche mit der Verordnung vom EU-Recht ab. Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, äußerte sich dazu folgendermaßen: „Mit der nun vorliegenden Wolfsverordnung stellt sich das Land Niedersachsen nicht den Herausforderungen, die mit einer Koexistenz einhergehen, sondern weicht den Schutz des Wolfes massiv auf. In der Verordnung werden bundesweite Empfehlungen eines zumutbaren Herdenschutzes weiter nach unten korrigiert. Das wird den Weidetierhaltern nicht helfen, da Wolfsabschüsse keine Nutztierrisse verhindern.“ Es sei aus Nordamerika und europäischen Nachbarländern bekannt, dass Abschüsse von Wölfen durch eine Zerstörung der Rudelstruktur in dem betroffenen oder Nachbargebiet sogar erhöhte Nutztierrisse zur Folge haben können, führte Buschmann weiter aus.
Streit um Umgang mit Wolf währt schon lange
Die Wolfsverordnung des Landes sieht vor, wie „im Grundsatz mit problematischen Wölfen umgegangen wird (z. B. Verscheuchen, Vergrämen, Entnahme), schließt dabei aber eine Einzelfallbetrachtung nicht aus“, so die Erklärung des Landes in einer entsprechenden Pressemitteilung. Olaf Lies beteuerte, dass das Management beim Wolf natürlich Prävention durch Herdenschutz bedeute, aber am Ende auch die Wolfsentnahme, wenn dies nicht ausreiche. Und erklärte weiter: „Ein Wolf, der ungeschützte Tiere reißt, wird alleine deswegen nicht entnommen. Weitere Faktoren müssen hinzukommen, bevor das letzte Mittel greift.“
Der NABU Niedersachsen versuchte schon mehrfach vor Gericht mit seinen Vorwürfen gegen die Wolfspolitik des Landes vorzugehen – scheiterte allerdings. Nun soll sich die EU-Kommission mit der Klage beschäftigen. „Wir sehen uns nun zu diesem Schritt gezwungen, da alle wohlgemeinten Appelle in Richtung Politik, sich auf fachlicher Grundlage mit dem Thema Wolf zu beschäftigen, sang- und klanglos verklungen sind“, so Dr. Buschmann. „Wieder einmal spielt Niedersachsen eine unrühmliche Rolle im europäischen Naturschutz, nachdem bereits die in Teilen fehlende und mangelhafte Schutzgebietsausweisung zu einem nach wie vor bestehenden Vertragsverletzungsverfahren geführt hat“.
Lies äußerte sich zu den Anschuldigungen wie folgt: „Wenn der NABU behauptet, Niedersachsen stelle sich nicht den Herausforderungen der Koexistenz mit dem Wolf, verkennt er offenbar die beträchtlichen finanziellen Anstrengungen zum Herdenschutz, von denen u. a. auch das NABU-eigene Herdenschutzprojekt profitiert. Insgesamt hat Niedersachsen angesichts von mittlerweile 35 Rudeln im vergangenen Jahr Herdenschutzmaßnahen in Höhe von über fünf Millionen Euro gefördert“.
Lies: Lösungsvorschläge von NABU blieben aus
Der NABU beteuert indes, es stünden bereits ausreichend rechtliche Mittel zur Verfügung, um mit Wölfen umzugehen. „Und es gibt Bundesländer, in denen sinnvolle und praktikable Wolfsverordnungen bereits umgesetzt werden. Es gibt keinen Grund, von den offensichtlich und nachweislich zielführenden Maßnahmen – wie dem wolfsabweisenden Herdenschutz- abzuweichen“, führt der Umweltverband auf seiner Homepage weiter aus.
„Der NABU hatte im Rahmen der Verbändeanhörung Gelegenheit, die Wolfsverordnung mit konstruktiven Vorschlägen zu bereichern. Diese blieben jedoch weitgehend aus, da man beim NABU dem Erhalt der Weidetierhaltung und den von ihr abhängigen, geschützten Arten offenbar weniger Bedeutung beimisst als dem bedingungslosen Schutz auch noch des problematischsten Einzelwolfes“, äußert Olaf Lies abschließend in einer Pressemitteilung.
(Symbolbild)
(06.01.21)