Nordhorn: Die Tage werden zwar wieder länger, die Temperaturen allerdings zunehmend frostiger. Kein Wunder, es ist ja auch Winterzeit. Die Jahreszeit, in der es uns Mitteleuropäer ins Haus und damit in die Wärme zieht. Auch manchen Tieren ergeht es so. Vielen gefällt das nasskalte Wetter ebenso wenig wie uns. Einige Tierarten haben im Laufe der Evolution Strategien entwickelt, wie sie der ungemütlichen Wetterlage „entkommen“ können. Die einen entkommen im wahrsten Sinne des Wortes und ziehen einfach gen Süden, wo es wärmer ist. Bei den meisten von Ihnen ist jedoch nicht die Temperatur, sondern das schwindende Nahrungsangebot der ausschlaggebende Faktor für die Reise. Typische Vertreter dafür sind die Weißstörche, aber auch viele andere Wildvögel nehmen die Strapazen und Gefahren auf sich. Das Zugvogelverhalten ist übrigens angeboren, kann sich aber durch äußere Einflüsse wie Klima, alternative Nahrungsquellen o.ä. verändern. Ganz anders reagieren zum Bespiel Fledermäuse, Igel oder Siebenschläfer. Sie verschlafen tatsächlich wenn man so will die Winterzeit. Sie suchen sich einen ruhigen, geeigneten Ort wie eine Baumhöhle, einen Laubhaufen oder ähnliches, stellen das Fressen ein und fahren ihre Körperfunktionen komplett herunter.
Der gesamte Stoffwechsel läuft auf Sparflamme, Herz- und Atemfrequenz verlangsamen sich extrem und die Körpertemperatur sinkt auf knapp über den Gefrierpunkt. So verlieren diese Tiere während der Winterschlafphase kaum Energie. Das bisschen Energie, das nötig ist, gewinnen sie durch den Abbau ihrer Fettpolster, die sie sich im Spätsommer angefressen haben. Doch auch bei Ihnen sind die kälteren Temperaturen nicht der Auslöser für den Beginn dieser Schlafphase. Ebenso wenig die Nahrungsknappheit, obwohl diese mit zunehmender Kälte zu einem Problem würde. Nein, den Impuls gibt einzig und allein die abnehmende Tageslichtlänge, die hormonelle Veränderungen in den Tieren bewirkt und wie eine „Innere Uhr“ auf Winterschlafmodus umstellt. Extrem selten wachen die Tiere in dieser Zeit kurz auf. Igel zum Beispiel, um ihren unter Sträuchern geschützten „Laubhaufen“ zu verlassen um Urin abzusetzen. Von Fledermäusen dachte man bisher, dass sie sich im Winter eigentlich gar nicht bewegen, es sei denn, sie werden gestört. Neuere Erkenntnisse belegen jedoch, dass die Tiere in unseren immer milderen Wintern eine gewisse Aktivität zeigen und mitunter aus ihren Winterquartieren ausfliegen. Der Klimawandel scheint sich also auch hier bemerkbar zu machen.
Anders ergeht es den Tierarten, die eine sogenannte „Winterruhe“ halten. Eichhörnchen und Dachs zum Beispiel oder im Tierpark die Präriehunde, schlafen zwar zeitweise, aber ihr Stoffwechsel wird dabei längst nicht so tief heruntergefahren wie bei den Winterschläfern. Warm eingemummelt in ihren Kobeln (Eichhörnchen) oder unterirdischen Bauen (Dachse, Präriehunde) verbrauchen diese Tiere daher relativ viel Energie für ihre Körperfunktionen. Insofern wechseln sich bei ihnen Ruhephasen immer mal wieder ab mit Aktivitätsphasen. Letztere nutzen sie zum Fressen. So können sie ihre Energiereserven wieder auffüllen und danach weiter ruhen – bis zur nächsten „Zwischenmahlzeit“. Eichhörnchen legen sogar ziemlich viele solcher „Zwischenmahlzeiten“ ein. Überall haben sie Futtervorräte versteckt, die sie leicht plündern können.
Die Strategie des Dachses sieht dagegen anders aus. Im Spätsommer/Herbst hat er sich eine dicke Speckschicht angefressen. Wird es zu kalt, verlängert er die Schlafphase und lebt auf Kosten dieses „Brennstoffes“. Aber sobald es zwischendurch wärmer wird, kommt er aus seinem unterirdischen Bau, wird aktiv und sucht nach Nahrung. Auch die Präriehunde suchen wie der Dachs an wärmeren Tagen nach Futter. Zusätzlich lagern sie Futtermittel in ihren unterirdischen Bauen ein. Richtige Vorratskammern gibt es dort, prall gefüllt mit getrocknetem Pflanzenmaterial, Körnern und Samen.
Die meisten Zootiere allerdings sind sowohl im Sommer als auch im Winterhalbjahr gleichsam aktiv. Ihnen helfen entweder dicke Fettpolster – wie den Seehunden -und/oder dichtes Winterfell wie etwa bei den Waldbisons. Gegebenenfalls kann auch eines oder beides noch kombiniert werden mit einer erhöhten Futteraufnahme oder sparsamerer Bewegung während der kalten Jahreszeit. Viele Säugetiere und Vögel im Zoo die aus den ganzjährig warmen Gebieten der Erde stammen, brauchen dagegen während der Winterzeit menschliche Hilfe. Den Zweifinger-Faultieren aus den tropischen Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas beispielsweise steht ganzjährig ein warmer Innenstall mit Heizung und Wärmelampen zur Verfügung, denn bereits bei unter 10 Grad Celsius verlassen die Meister im Energiesparen ihr warmes Innengehege nicht mehr. Selbst im Sommer hängen sie gerne unter den Wärmelampen und unternehmen nur gelegentlich Streifzüge in der Sonne ihres Außengeheges. Ganz anders die Südamerikanischen Totenkopfaffen sowie die Erdmännchen und Fuchsmangusten aus Afrika. Sie sind wahre Sonnenanbeter, trauen sich aber auch noch bei kalten Temperaturen ins Außengehege – am liebsten allerdings, wenn ein paar Sonnenstrahlen am Winterhimmel sind.
Im Gegensatz zu Säugetieren spricht man bei wechselwarmen Tieren wie Fischen, Amphibien und Reptilien von einer Kälte- oder Trockenstarre. Auch Wirbellose wie Insekten, Schnecken und Würmer nutzen diese Strategie. Kältestarre dann, wenn es sich um Arten der Nordhalbkugel – also auch unsere einheimischen Arten – handelt. Ihre Körpertemperatur passt sich immer, auch im Winter, der Umgebungstemperatur an. Dies ist bis 0 Grad bzw. mit Hilfe von erhöhten Glukosemengen in der Körperflüssigkeit dieser Tiere auch bis knapp unter den Gefrierpunkt kein Problem. Um allerdings bei stärkerem Frost nicht zu erfrieren, benötigen diese Arten einen geschützten Platz für ihre Kältestarre, in der sie komplett unbeweglich, also starr sind. Für Fische bedeutet das, tiefere Wasserzonen aufzusuchen, während Kröten, Frösche und Eidechsen an Land Schutz unter dichten Laubhaufen finden können. Die Europäischen Sumpfschildkröten verfallen in den Schlammschichten am Grund ihrer Gewässer in die Kältestarre. So auch die Sumpf- bzw. Wasserschildkröten in den Teichen im Tierpark Nordhorn. Alternativ können Sumpf-, Wasser- oder aber auch Landschildkröten künstlich in Kühlschränken überwintert werden. Im Tierpark Nordhorn passiert das jedes Jahr mit den Griechischen Landschildkröten. Der Kühlschrank hat den Vorteil, dass die Temperaturen konstant sind und man die Tiere während ihrer Kältestarre unter Kontrolle hat. Man muss allerdings täglich einmal lüften und gelegentlich das Laub in ihrer Überwinterungskiste befeuchten. Und natürlich sollten die Schildkröten nicht zwischen Käse, Milch und Eiern aufbewahrt werden, sondern ungestört in einem eigenen Kühlschrank überwintern! Von Trockenstarre spricht man, wenn die wechselarmen Tiere aus Wüsten, Halbwüsten, Steppen oder anderen trockenen oder auch tropisch-feuchten Gebieten der Südhalbkugel stammen, in denen es dort um die Zeit, in der bei uns Winter herrscht, oft sehr trocken und / oder heiß wird. In diesen Gebieten existieren nicht wie bei uns Sommer und Winter, also warm und kalt, sondern dort wechseln feuchte Regen- mit Trockenzeiten. Man spricht daher von Trockenstarre, wenn wechselwarme Tiere wie zum Beispiel die Königspythons aus West- und Zentralafrika eine Inaktivitätsphase einlegen. Diese wird unter Zoobedingungen nachgeahmt, in dem die Tiere in einen kälteren Raum ohne Wärmespotstrahler gebracht werden.
Es ist also spannend zu sehen, wie die Tiere weltweit auf jahreszeitliche Unterschiede hinsichtlich Nahrungsangebot, Temperatur, Tageslichtlänge oder Feuchtigkeit reagieren. Dagegen sind wir Menschen doch eher einfach gestrickt mit unserer angepassten Kleidung und der angenehmen Wärme in unseren Häusern.
(Bild: Tierpark-Nordhorn)
(PM)
(01.02.21)