Niedersachsen: Die Osterruhe ist vom Tisch, die Notwendigkeit, den starken Anstieg der Infektionszahlen abzumildern, aber bleibt bestehen. Die 7-Tages-Inzidenz lag gestern landesweit bei 118 (zum Vergleich, vor einer Woche lag sie bei 93,3). Schon jetzt ist in mehr als der Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen die 100-Marke überschritten worden, in vielen weiteren steht der Übergang zur Hochinzidenzkommune kurz bevor. Kein einziger Landkreis und keine kreisfreie Stadt liegt mehr unter der 35-er Inzidenz, nur noch fünf von 45 liegen unter 50.
Ministerpräsident Stephan Weil: „Wir müssen jetzt sehr rasch und konsequent alles uns mögliche dafür tun, um die dritte Welle zu brechen oder zumindest abzuflachen. Dazu sollen die heute veröffentlichen Änderungen in der Corona-Verordnung beitragen. Mit Gesetzen und Verordnungen allein aber werden wir die 7-Tages-Inzidenzen nicht absenken können. Wir sind angewiesen auf die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, das öffentliche Leben in Niedersachsen in den nächsten zehn bis vierzehn Tagen soweit wie irgend möglich herunterzufahren. Nur wenn alle mithelfen, haben wir eine Chance auf eine schrittweise Rückkehr in unser normales Leben. Neben dem Verzicht auf vermeidbare Mobilität und direkte Begegnungen sowie den verschärften Infektionsschutzmaßnahmen werden uns nach Ostern immer mehr Tests und die deutlich zunehmenden Impfstofflieferungen helfen. In den nächsten Tagen aber müssen wir alles tun, um die stark ansteigenden Infektionszahlen deutlich abzubremsen.“
Aus den beigefügten Änderungen in der niedersächsischen CoronaVerordnung ergeben sich für die Hochinzidenzkommunen (also für alle Landkreise und Kreisfreien Städte mit einer Inzidenz über 100) zwingend die folgenden Regelungen:
- In Landkreisen und Kreisfreien Städten mit einer Inzidenz von über 100 dürfen sich Personen eines Haushalts höchstens mit einer weiteren Person sowie jeweils mit zugehörigen Kindern bis einschließlich sechs Jahren treffen.
- Entsprechendes gilt für sportliche Betätigungen.
- Museen, Galerien und Gedenkstätten bleiben geschlossen.
- Essen in Speiseräumen von Hotels ist untersagt.
- ‚click and meet‘ Angebote (Terminshopping) können nicht mehr stattfinden.
- Wechselunterricht gibt es nur noch in Grundschulen, Förderschulen für geistige Entwicklung und Abschlussklassen, alle anderen Jahrgänge müssen zurück ins Distanzlernen.
- i.d.R. arbeiten Kitas dann nur in Notbetreuung.
Neben den Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs bleiben auch in Hochinzidenzkommunen Buchhandlungen geöffnet, ansonsten sind ‚Click and Collect‘, sowie Bemusterungs- und Anprobetermine möglich. Friseur-, Kosmetik- und andere körpernahe Dienstleistungen können erbracht werden. Sofern bei der Dienstleistung ein durchgehendes Tragen einer medizinischen Maske nicht möglich ist, muss zuvor ein Test gemacht werden. Zoos, Tierparks und botanische Gärten können mit einigen Maßgaben geöffnet bleiben. Das gilt auch für Büchereien.
In einem Landkreis oder einer Kreisfreien Stadt mit einer 7-Tages-Inzidenz über 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen hat die zuständige Behörde weitergehende Anordnungen zu treffen. Dazu können insbesondere gehören:
- Das Verhängen von Betretungsverboten an besonders stark frequentierten Orten im öffentlichen Raum.
- Das Tragen einer medizinischen Maske auch für haushaltsfremde Mitfahrerinnen und Mitfahrer in einem privaten Kraftfahrzeug kann angeordnet werden.
- Überall dort, wo die Einhaltung des Abstandsgebots und das Befolgen der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich sind, kann der Zutritt zu bestimmten Orten oder das Wahrnehmen bestimmter Angebote oder eine Teilnahme von einem negativen Schnelltest abhängig gemacht werden.
- Außerdem können die regelhaft in einer bestimmten Inzidenzregion vorgesehenen Kontaktbeschränkungen weiter verschärft werden.
- Schließlich können Landkreise und Kreisfreie Städte mit einer Inzidenz zwischen 100 und 150 für einen Teil ihres Gebietes oder für das gesamte Gebiet Ausgangssperren anordnen. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern das Verlassen des privaten Wohnbereichs in der Zeit von 21.00 Uhr bis um 05.00 Uhr des Folgetages untersagt. Dies gilt nicht bei triftigen Gründen für einen Aufenthalt im Freien, wie beispielsweise Arztbesuche oder die Fahrt zur Arbeit. Die Kommunen können die Ausnahmen ausgestalten.
- Ab einer Inzidenz von 150 sollen derartige Ausgangssperren verhängt werden, sofern das Infektionsgeschehen in dem betreffenden Gebiet nicht oder nicht mehr hinreichend einem bestimmten räumlich abgrenzbaren Bereich zugeordnet werden kann und deshalb die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren Verbreitung des Coronavirus besteht.
- Unabhängig von der jeweiligen Inzidenz vor Ort sind in der Zeit vom 2. April 2021 bis zum Ablauf des 5. April 2021 auch tagsüber Ansammlungen von Personen in der Öffentlichkeit unzulässig, auch wenn die Personen das Abstandsgebot einhalten. Eine Ansammlung ist ein Zusammentreffen einer größeren Anzahl von Menschen im Freien oder in geschlossenen Räumen – unabhängig davon, ob die Ansammlung zufällig oder vorbereitet stattfindet und welchen Anlass oder Grund sie hat. Nicht unter das Ansammlungsverbot fallen beispielsweise Gottesdienste oder Warteschlangen vor Geschäften. Notwendig ist ein Mindestmaß an ‚sozialer Gemeinsamkeit‘.
Über diese in der Corona-Verordnung angelegten Maßnahmen hinaus ergehen die folgenden Bitten an die Menschen in Niedersachsen und an die niedersächsische Wirtschaft:
- Alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen werden gebeten, in den Osterferien möglichst zuhause zu bleiben und draußen alle Orte zu meiden, an denen viele Menschen zusammenkommen. Spaziergänge in der freien Natur sind ungefährlich. Polizei und Ordnungsämter werden die Kontrollen rund um touristische Anziehungspunkte verstärken.
- Alle direkten Kontakte sollten auf das absolute Minimum reduziert werden. Bitte auch auf Besuche möglichst verzichten. Sobald man mit Menschen aus einem anderen Haushalt zusammenkommt – egal ob innerhalb einer Wohnung oder im Freien – möge bitte konsequent der Mindestabstand eingehalten werden. Ideal wäre es, wenn auch medizinische Masken getragen würden.
Stephan Weil: „Man fühlt sich sicherer mit Menschen, die man gut kennt, das ist leider ein gefährlicher Irrtum. Ein Großteil der Infektionen geschieht im privaten Raum und am Arbeitsplatz.“
- Die niedersächsische Wirtschaft wird gebeten, noch einmal eindringlich zu prüfen, ob noch mehr Homeoffice möglich ist und ob im Präsenzbetrieb überall medizinische Masken getragen werden. Auch das Ziel, in allen Unternehmen zweimal wöchentlich Tests anzubieten, muss weiter intensiv verfolgt werden.
Ministerpräsident Stephan Weil: „Dies alles sind weitere Zumutungen für die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen, die uns nicht leichtfallen, die aber dringend notwendig sind. Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen coronamüde sind – letztlich wir sind es alle – darauf nimmt das Virus aber leider keine Rücksicht. Wir können diese Pandemie nur alle gemeinsam bewältigen – eine Überforderung unseres Gesundheitswesens mit vielen Schwerstkranken und Toten auch in den jüngeren Jahrgängen müssen wir bitte unbedingt vermeiden.“
Um die Pandemie zu bewältigen, braucht es aber weitere Perspektiven. Daher wollen wir nach Monaten des Shutdowns Erfahrungen dazu sammeln, ob mit neuen Möglichkeiten beim Testen und bei der Kontaktnachverfolgung sichere Bereiche geschaffen werden können, in denen eine gewisse Normalisierung des Lebens möglich ist.“
(Symbolbild)
(PM)
(29.03.21)