Esterwegen/Bockhorst: Zwei Wochen lang führten 15 Reservisten aus Deutschland und Belgien unter der Leitung von Oberstleutnant i.R. Peter Weyers in Abstimmung mit dem niedersächsischen Innenministerium Pflegearbeiten auf der Begräbnisstätte Esterwegen/Bockhorst durch. Untergebracht war die ehrenamtlich tätige Gruppe in einer der ehemaligen Bundeswehrhallen auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte Esterwegen.
Die „Auffrischungsaktion“ ging über die allgemeinen regelmäßigen Pflegearbeiten hinaus. Überwuchernde Bodendecker wurden entfernt, die Randsteine der Begräbnisfelder freigelegt und auf ein Niveau gebracht, Denkmäler freigeschnitten und vieles mehr. Während einer Gedenkveranstaltung mit Landrat Marc-André Burgdorf am Donnerstag, 24. Juni, dankte Burgdorf auch in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der Gedenkstätte Esterwegen für den Einsatz: „Erinnerung benötigt Engagement! Die in der Öffentlichkeit wiederholt eingeforderte aktive Erinnerungsarbeit haben Sie, liebe Reservisten, auf dieser Begräbnisstätte geradezu in doppeltem Wortsinn geleistet. Sie haben nicht nur mit Ihrer Hände Arbeit einen Beitrag erbracht, damit die hier ruhenden Opfer des NS-Regimes eine würdige und ansprechende Ruhestätte erhalten, sondern mit Ihrem Einsatz auch das Gedenken an diese Schicksale neu belebt“ Alle Beteiligten – das Land Niedersachsen als Friedhofsträger, die Gedenkstätte Esterwegen und der Volksbund im Bezirk Weser-Ems – sind sehr dankbar für den vorbildlichen Einsatz der Reservisten.
Im Regelfall waren die Toten der genannten frühen emsländischen Konzentrationslager sowie aller Strafgefangenenlager auf diesem Friedhof, dem ehemaligen »Lagerfriedhof Börgermoor«, in Einzelgräbern bestattet worden. Im März 1946 dokumentierte eine Untersuchungskommission der Alliierten 1.295 Gräber; der Friedhof war in Gräberfelder unterteilt, die zwischen 4 und 18 Reihen von jeweils 18 Einzelgräbern aufwiesen. Seit 1946/1947 gilt diese Gräberliste als verschollen, so dass die Gräber heute namenlos sind. Da Sterbefälle unter anderem in den Lagern und bei den Standesämtern registriert worden waren, lassen sich jedoch viele Namen der hier Bestatteten feststellen.
In den 1950er Jahren fanden Exhumierungen der KZ-Toten, die auf den Friedhof beim Lager Versen umgebettet wurden, und der „Nacht-und-Nebel“-Gefangenen, die in ihre Heimatländer überführt wurden, statt. Die ursprünglich auf den Einzelgräbern aufgestellten Holz- und späteren Steinkreuze wurden bei der Neugestaltung des Friedhofs 1972/73 nicht mehr verwendet. In der Friedhofsmitte errichtete das Land Niedersachsen 1981 eine offene Gedenkhalle mit den Namen der 15 Emslandlager und einer Informationstafel. In der Nachkriegszeit wurde dieser Ort zu einem europäischen Gedenkort, der auch an die Gefangenen und Toten anderer Länder erinnert. 1985 weihte die Fédération des Victimes du Nazisme, Enrôlées de force Luxembourg im Eingangsbereich des Friedhofs einen Gedenkstein mit einer Tafel zur Erinnerung an die in den Emslandlagern inhaftierten luxemburgischen Zwangsrekrutierten ein. Im Herbst 2004 weihten belgische Freimaurer ein Denkmal zur Erinnerung an die 1943 im Strafgefangenenlager Esterwegen von sieben belgischen »Nacht-und-Nebel«- Gefangenen gegründete Loge »Liberté Chérie« ein.
Außerdem ruhen auf dieser Begräbnisstätte mindestens 10 sowjetische Kriegsgefangene, die im Arbeitskommando Papenburg-Klostermoor verstarben. Tausende dieser sowjetischen Kriegsgefangenen fanden ihre letzte Ruhestätte auf den Kriegsgräberstätten im mittleren und südlichen Emsland sowie in der Grafschaft Bentheim.
Zum Rahmenprogramm der Reservisten gehörte u. a. auch der Besuch der Gedenkstätte Esterwegen mit Martin Koers, Co-Leiter der Gedenkstätte Esterwegen, der die historischen Zusammenhänge erläuterte. Zudem stand ein Rundgang um das Gelände des ehemaligen Lagers Aschendorfermoor an, wo die Gedenkstättenpädagogin Jacqueline Meurisch die interessierten Zuhörer unter anderem zum Thema „Herold-Massaker“ informierte. Die Reservisten um Peter Weyers gedachten der Opfer der NS-Gewaltherrschaft zum Abschluss ihres Pflegeeinsatzes.
(Bild: Landkreis Emsland)
(PM)
(25.06.21)