Niedersachsens Kampagne „Meine Zukunft Pflege“ wirbt für die einjährige Ausbildung zur Pflegeassistenz als schnellen Ein- und Umstieg. „Eine Zukunft ohne echte Perspektive, wenn bereits mit einer 3-jährigen Ausbildung zur Pflegefachkraft kein wirklich gutes Einkommen erzielt werden kann!“, schreibt die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros Niedersachsen, auch LAG Gleichstellung, in einem öffentlichen Statement. Bei einem Frauenanteil von 75% der Ausbildungsabschlüsse im Bereich Pflege zementiere die geplante 1-jährige Berufsausbildung den Verbleib der Frauen in gering bezahlten sozialen Berufen. Darüber hinaus seien die Rahmenbedingungen, unter denen in der Pflege gearbeitet wird, häufig katastrophal. „Das sind die Faktoren, unter denen die Attraktivität der Pflegberufe seit jeher leidet“, heißt es weiter.
In der Pandemie sei endlich die Frage der Wertschätzung von sozialen Berufen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit vorgedrungen. Die Bedeutung der Pflegeberufe als systemrelevante Arbeitsfelder wurde erstmals in ihrer ganzen Dimension wahrgenommen. „Wenn als Antwort auf den Personalmangel in der Pflege nur die Entwicklung einer 1-jährigen Schmalspurausbildung gefunden wird, ist das ein frauenpolitisches Desaster!“
„Es sei beschämend, wenn mit der Kampagne auf Emotionalität gesetzt wird, wo doch von vornherein klar ist, dass diese Pflegekräfte noch schlechter bezahlt werden als examinierte Fachkräfte mit einer 3-jährigen Ausbildung“, so die LAG. Die geringe Bezahlung von Frauen in sozialen Berufen würde auf diesem Weg zementiert und nicht abgebaut werden.
„Das Einkommensgefüge in Deutschland ist immer noch so, dass wir in der Regel gutverdienende Männer und schlechter verdienende Frauen haben“, sagt Angelika Kruse vom Vorstand der LAG Gleichstellung. Die Pandemie hat offengelegt, dass diese strukturellen Ungleichheiten dazu führen, dass Frauen zu Hause bleiben. „So lassen sich die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern niemals beseitigen“, führt Angelika Kruse weiter aus.
Was wir brauchen sind tarifrechtlich gesicherte, angemessen bezahlte Berufe im sozialen Bereich. Sowohl in der Pflege als auch in allen anderen Sektoren, in denen überwiegend Frauen arbeiten. Die Neuausrichtung auf eine 1-jährige Kurzausbildung in der Pflege bewirkt genau das Gegenteil. „Wo kommen wir hin, wenn wir mit Berufen, die ganz besonders systemrelevant sind, so umgehen?“, fragt Maret Beningvom, ebenfalls Vorstand der LAG Gleichstellung. „Das führt auf jeden Fall nicht zur Beseitigung der strukturellen Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben, sondern verstärkt rigide Ungleichheitsstrukturen“, führt sie weiter aus.
„Frauenberufe aufwerten: Das ist nach Meinung der LAG Gleichstellung der einzige Weg für die Zukunft der Pflege!“, heißt es in dem Statement abschließend.
(Symbolbild)
(12.07.21)