Herzlake: Ob sie mal mit Thorben (Name geändert) sprechen könne, fragt der Lehrer an diesem Morgen Stefanie Krüssel. Er verhalte sich anders als sonst: „Kommt zu spät, oft ohne Hausaufgaben und er antwortet einsilbig oder gar nicht.“ Als die Schulsozialarbeiterin den Raum betritt, sieht sie den Zweitklässler stumm an seinem Tisch sitzen, während die anderen Kinder spielen und sich unterhalten. Sie hockt sich neben ihn, versucht, ein Gespräch aufzubauen, herauszufinden, was ihn bedrückt. Aber Thorben mag sich nicht öffnen – noch nicht. Stefanie Krüssel kennt das. Sie wird wiederkommen.
Die 34-Jährige ist eine von drei Schulsozialarbeiterinnen des Caritasverbandes für den Landkreis Emsland. Sie ist an den fünf Grundschulen – Herzlake, Lähden, Dohren, Holte und Bookhof – der Samtgemeinde Herzlake im mittleren Emsland im Einsatz. Eine Kollegin arbeitet im südlichen Emsland an den Grundschulen in Emsbüren und Leschede, eine weitere im Norden in Spahnharrenstätte, Werpeloh und Klein Berßen.
„Ich habe ein offenes Ohr für die Schülerinnen und Schüler, egal, um welche Themen es geht“, beschreibt Stefanie Krüssel einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit. Sie arbeitet eng mit den Lehrern zusammen, sucht, wo nötig, das Gespräch mit Eltern, hält Kontakt zu Behörden, anderen Diensten und Institutionen in einem großen Hilfenetz – stets mit dem Ziel, jeden einzelnen Schüler bestmöglich zu unterstützen. Denn für Krüssel ist klar: „Das Kind mit seinen Bedürfnissen steht für mich immer an erster Stelle.“
Die Folgen von Corona
Neben Einzelberatungen gehören auch Gruppen- und kreative Projektangebote zu ihrem pädagogischen Programm. „Nach den coronabedingten Schulschließungen müssen viele Kinder wieder oder neu lernen, sich in sozialen Gefügen zurechtzufinden“, erläutert die Schulsozialarbeiterin. „Da haben die Zeiten des Lockdowns mit Homeschooling und Kontaktverboten deutliche Spuren hinterlassen. Wir üben verstärkt das Verhalten im Miteinander unter Gleichaltrigen.“ In Sozialtrainings lernen die Schüler darüber hinaus spielerisch, ihre Gefühle zu erkennen und zu benennen. „Das stärkt das Selbstvertrauen und das Wir-Gefühl“, so Krüssel.
Positive Rückmeldungen der Kinder, kurze Wege bei Absprachen in den Schulen, der kollegiale Austausch mit den Lehrern, das Wissen um ein großes Netzwerk im Rücken: Das sind nur einige Gründe, weshalb Stefanie Krüssel ihren Beruf liebt. Die Schüler dürfen auch mit ihren vermeintlich kleinen Sorgen des Alltags zu ihr kommen, zum Beispiel Kummer, weil der beste Freund plötzlich ein anderes Kind bevorzugt. Vielleicht bedrückt so etwas auch Thorben aus der Zweiten. Noch konnte sie dies nicht herausfinden, aber vielleicht mag er beim nächsten Mal mit ihr sprechen. Die Schulsozialarbeiterin wird sich ihm wieder zuwenden – geduldig, beharrlich und einfühlsam.
(Bild: Caritasverband Emsland)
(PM)
(22.10.22)