Niedersachsen: Erstmals wurde ein Fall von West-Nil-Fieber bei einem Menschen bestätigt, der sich nach ersten Erkenntnissen in Niedersachsen angesteckt hat. Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen Erwachsenen, der sich vermutlich durch einen Mückenstich im Spätsommer infiziert hat. Derzeit ermittelt der Landkreis Diepholz in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA), wo die Ansteckung erfolgt sein könnte.
Dr. Fabian Feil, Präsident des NLGA, ordnet den ersten bestätigten Fall wie folgt ein: „Dieser erste Fall in Niedersachsen und die Nachweise bei Vögeln und Pferden machen deutlich, dass das West-Nil-Virus sich ausgehend von den östlichen Bundesländern in Richtung Westen verbreitet und dass wir zukünftig mit weiteren Infektionen rechnen müssen. Die Nachweise von West-Nil-Viren in Niedersachsen sind auch ein sichtbares Zeichen für die fortschreitenden Auswirkungen des Klimawandels. Gesundheitsgefahren durch den Klimawandel werden in den kommenden Jahren ein zentrales Thema für den öffentlichen Gesundheitsdienst sein.“ Feuchtwarmes Klima führt zu größeren Mückenpopulationen und höhere Temperaturen begünstigen die Vermehrung von Infektionserregern in Vögeln und Mücken.
Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi erklärt: „Dieser Zufallstreffer ist auch ein Beleg für die Leistungsfähigkeit der Labordiagnostik in Niedersachsen. Es zeigt sich zudem, wie richtig und wichtig es ist, Blutspenden in der Sommerzeit regelhaft auf WNV zu untersuchen. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir es zukünftig vermehrt mit Übertragungen von WNV über Mückenstiche zu tun haben werden. Grundsätzlich und unabhängig von WNV ist davon auszugehen, dass klimabedingt vermehrt mit mückenübertragenen Erkrankungen zu rechnen ist. Daher muss dem individuellen Schutz vor Stechmücken eine höhere Bedeutung eingeräumt werden.“
Die jetzt gemeldete Infektion ist zufällig im Rahmen einer Blutspende aufgefallen. Blutspenden werden deutschlandweit in der Zeit von Juni bis November routinemäßig auf das West-Nil-Virus (WNV) untersucht. Eine WNV-Infektion verläuft bei dem Großteil der Betroffenen klinisch unauffällig, nur bei etwa 20 Prozent der Infizierten treten grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen auf. In seltenen Fällen, insbesondere bei älteren Menschen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem, kann es zu schweren neurologischen Komplikationen wie Meningitis oder Enzephalitis kommen.
„Die Übertragung des Virus erfolgt von heimischen Stechmücken zwischen wildlebenden Vögeln“, erklärt Dr. Fabian Feil. „Menschen und Pferde sind Fehlwirte, sie können zwar erkranken, das West-Nil-Virus aber nicht weitergeben. Von infizierten Personen geht daher keine Gefahr für die Bevölkerung aus, wie wir dies bei anderen Infektionskrankheiten wie z.B. der Influenza kennen.“
Der Nachweis von WNV bei Vögeln und Pferden erfolgte seit 2018 überwiegend in östlichen Bundesländern. In letzter Zeit gibt es aber auch vermehrt WNV-Nachweise in den westlichen Bundesländern. Auch in Niedersachsen wurden bereits infizierte Vögel und Pferde gemeldet. Seit dem Spätsommer 2019 wurden erste humane Infektionen, bei denen die Ansteckung vor Ort erfolgt ist (autochthone Fälle), in den östlichen Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) übermittelt. Es ist damit zu rechnen, dass sich WNV in Deutschland und Niedersachsen weiter ausbreitet und es in den kommenden Jahren zu einem saisonalen Vorkommen von WNV-Erkrankungsfällen kommen kann.
Das NLGA beobachtet die WNV-Entwicklung weiter und steht in engem Austausch mit den örtlichen Gesundheitsämtern, dem LAVES, den anderen Bundesländern und dem Robert Koch-Institut (RKI).
Schutzmaßnahmen und Empfehlungen:
Gegen das WNV gibt es derzeit keine Impfung für den Menschen. Besonders Personen, die aufgrund hohen Alters oder Immunschwäche ein erhöhtes Risiko haben durch eine WNV-Infektion schwer zu erkranken, können das Risiko durch Schutz vor Mückenstichen reduzieren. Dazu gehört an Orten mit bekannter Mückenbelastung das Tragen von langer heller Kleidung, am Abend der Aufenthalt in geschlossenen oder klimatisierten Räumen, die Anwendung von Repellents und Insektiziden, der Gebrauch von Moskitonetzen und Fenstergittern. Im Wohnumfeld sollten Mückenbrutplätze (Wasserreservoirs) möglichst beseitigt werden. Diese allgemeinen Empfehlungen gelten prinzipiell für ganz Niedersachsen, da zu erwarten ist, dass die WNV-Verbreitung ein sehr dynamisches Geschehen ist und eine verlässliche Eingrenzung von stärker oder weniger stark betroffenen Regionen nicht möglich ist.
(PM)
(Symbolbild)
(11.09.24)