Geeste: Im Rahmen der Vortragsreihe „1.025 Jahre Ersterwähnung von Dalum und Hesepe“ widmete sich der Historiker und Journalist Manfred Fickers am 15. Mai 2025 im Erinnerungsort Lager XII Dalum einem bedeutenden Kapitel regionaler Industriegeschichte. Unter dem Titel „Erdöl in der Region“ zeichnete er die Entwicklung der Erdölförderung im Emsland nach – von ersten geologischen Vermutungen in den Jahren 1850 bis 1870 bis hin zur wirtschaftlichen Blütezeit im 20. Jahrhundert. Rund 40 interessierte Gäste folgten der Einladung, informierten sich über die historische Dimension der Öl- und Erdgasindustrie und berichteten im Anschluss von ihren persönlichen Bezügen zur Thematik.
Die Begrüßung erfolgte durch Bürgermeister Helmut Höke und Dr. Martin Koers, Archivar der Gemeinde Geeste. Der gewählte Veranstaltungsort – der Erinnerungsort Lager XII in Dalum – unterstrich die enge Verknüpfung zwischen Erdölindustrie und regionaler Zeitgeschichte. Das ehemalige Emslandlager XII war im Zweiten Weltkrieg nicht nur Schauplatz politischer Repression, sondern auch Teil eines industriellen Systems, das Zwangsarbeit zur Ölgewinnung einsetzte. Vor allem Kriegsgefangene und sogenannte (zivile) Ostarbeiter wurden unter härtesten Bedingungen zur Arbeit auf den Bohrfeldern gezwungen – ein dunkles Kapitel, das heute kritisch aufgearbeitet wird.
Fickers eröffnete seinen Vortrag mit einem Rückblick auf die mühselige Suche nach Erdöl, die dem ersten erfolgreichen Fund im Jahr 1942 in Dalum vorausging. Fast ein Jahrhundert lang war die Region durch Fehlbohrungen geprägt, ehe neue Techniken und geologische Expertise den Durchbruch ermöglichten.

Bereits in den 1930er-Jahren wurde die heimische Rohstoffsuche im Zuge der Autarkiebestrebungen des NS-Regimes massiv forciert. Erdöl galt als strategisch unverzichtbar für die geplante Kriegsführung. In der Folge entstanden im Ölfeld Lingen – zu dem auch Dalum gehörte – ab 1942 zahlreiche Bohrtürme. Der technische Ausbau in diesen Jahren war erheblich: Straßen, Gleisanlagen und Lagerstätten wurden geschaffen oder erweitert. Der Dortmund-Ems-Kanal diente ebenso wie der Bahnhof Osterbrock dem Abtransport des Rohöls. Auch nach Kriegsende prägte die Erdölindustrie das Landschaftsbild und die Wirtschaft der Region nachhaltig.
Der wirtschaftliche Nutzen für die Region war beträchtlich. In Dalum entstanden rund 500 neue Arbeitsplätze. Unternehmen im Rohrleitungs- und Straßenbau entwickelten eine bis heute anerkannte Expertise. Die neue Infrastruktur erleichterte nicht nur den Transport von Rohstoffen, sondern förderte auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig markierte die Ära einen tiefgreifenden Wandel im Energiehaushalt: Während andernorts noch mit Torf geheizt wurde, hielt in der heutigen Gemeinde Geeste sukzessive das Erdölzeitalter Einzug.
Doch der technische Fortschritt hatte seinen Preis: Umweltbelastungen und tiefgreifende Eingriffe in das Landschaftsbild sind bis heute sichtbar. Zudem bleiben die sozialen und menschlichen Kosten – insbesondere die Zwangsarbeit während des Nationalsozialismus – ein Mahnmal für die Schattenseiten industrieller Entwicklung.
Die Veranstaltung schloss mit einem Hinweis auf den nächsten Vortrag zur Moorkultivierung und zum „Emslandplan“, der im Juni im Rathaus der Gemeinde Geeste in Dalum stattfinden wird. Die begleitende Wanderausstellung „Neustart Heimat“ greift zentrale Aspekte der regionalen Entwicklung nach 1945 auf.
(Bilder: Gemeinde Geeste)
(PM)
(20.05.25)