Meppen/Spelle: Viele Zuschauer rieben sich verwundert die Augen: Nach der 0:3-Niederlage im Derby beim SV Meppen feierten die Fans des SC Spelle-Venhaus ihre Mannschaft nach dem 21. sieglosen Spiel in Serie, als ob sie das Derby vor 9070 Besuchern gewonnen hätte.
Die Anhänger des SCSV haben die Hänsch-Arena gerockt, für schwarz-weiße Gänsehaut-Momente bei Spielern und Offiziellen gesorgt. Die Partie am Freitagabend unter Flutlicht dürfte so schnell nicht in Vergessenheit geraten. „Und wenn wir gehen, dann so, wie wir gekommen sind“, hieß es bei der Choreo auf den Spruchbändern über und unter einem fünf Quadratmeter großen entflammten Logo des SC Spelle-Venhaus. Es sollte zeigen, „dass wir dankbar sind für Regionalliga Nord, dass wir stolz sind auf die Mannschaft“.
Das beruhte auf Gegenseitigkeit. „Es macht einen stolz, wenn man die Fans sieht, vor allem beim Einlaufen mit der Choreo“, sagte Abwehrspieler Leon Dosquet. „Die ganze Stimmung über die kompletten 90 Minuten. Das war ein unglaublich schönes Gefühl. Das war der Wahnsinn.“ Janik Jesgarzewski und Jan-Luca Ahillen, die auch schon im Herrenbereich beim SVM gespielt haben, bekannten: „Es hat einfach Spaß gemacht. Dafür macht man es eigentlich. Deswegen haben wir heute trotz der Niederlage das Spiel genossen.“
Nach dem Schlusspfiff feierte die Speller Mannschaft vor dem Gästeblock „einen geilen Abend“, während der SV Meppen auf der anderen Seite der Hänsch-Arena mit seinen Fans den Sieg und die Zementierung des zweiten Tabellenplatzes bejubelte. „Es war eine tolle Sache – bis auf das Ergebnis“, stellte Trainer Hanjo Vocks fest, der bei der Pressekonferenz von einem am Ende verdienten Meppener Sieg sprach.
Aber der SCSV machte dem hochfavorisierten SVM das Siegen durchaus schwer. „Wir wollten gut stehen. Gerade in der ersten Halbzeit ist uns das auch sehr gut gelungen. Da ist Meppen nicht viel eingefallen. Wir hatten selbst ein, zwei Umschaltmomente, die wir besser spielen können“, meinte Jesgarzewski, der 204 Pflichtspiele im SVM-Dress bestritten hat.
Spelle ließ vor der Pause wenig zu. Die Spieler waren bis in die Haarspitzen motiviert. „Man hat gemerkt, was für ein Privileg es ist, vor so einer Kulisse zu spielen, weil man das in eine positive Anspannung umwandeln konnte“, erklärte Dosquet, dem etliche Angehörige und Bekannte zuschauten, wie er keinem Zweikampf aus dem Weg ging und SVM-Torjäger Marek Janssen in höchster Not den Ball vom Fuß spitzelte. Er habe sich darauf eingestellt, dass der Meppener Torjäger „ein Stürmertyp ist, der im physischen Bereich seine Stärken hat und darauf seine Spielart ein bisschen ausgelegt.“
Spelle hielt Meppen lange nach Einschätzung von Vocks lange „weit weg vom Tor.“ Dann bewies der Gastgeber seine Qualität bei Standards. „Dass Meppen hier und da mal zu Chancen kommt, ist relativ klar. Nach so einem Freistoß in Rückstand zu geraten, ist ätzend“, sagte Ahillen, der sich an ehemaliger Wirkungsstätte wohl fühlte. Vocks bezeichnete den Schuss von Tim Möller in den linken oberen Torwinkel als „fantastisch“. „Den kann man nicht verteidigen“, pflichtete Jesgarzewski bei.
Vocks lobte sein Team, dass es nach dem Rückstand weiter versuchte, nach vorn zu spielen. Auf dem tiefen Boden „haben wir gefightet“. Da sei das 0:2 und das 0:3 vielleicht die Konsequenz. Kapitän Torben Stegemann hatte den Ausgleich auf dem Fuß, aber Torwart Julius Pünt parierte den Schuss aus kurzer Distanz. „Mit der sensationellen Parade hat er uns vor dem Ausgleich bewahrt“, war SVM-Trainer Adrian Alipour erleichtert. „Wenn das Tor fällt, sieht es vielleicht nochmal anders aus“, spekulierte Ahillen.
Eine weitere große Chance hatte Jip Kemna. Doch sein Kopfball sprang vom Pfosten ins Aus. „In der Hinrunde hatten wir einen ähnlichen Spielverlauf. Es ist bitter, dass wir in beiden Spielen kein Tor geschossen haben“, haderte Vocks nach der Partie, bei dem der Zuschauerrekord der Regionalliga Nord knapp verfehlt wurde. Nur ein einziges Mal kamen mehr Zuschauer zu einem Spiel der Regionalliga Nord (9621).
(Bild: SC Spelle-Venhaus)
(PM)
(22.04.24)