Mit den erhobenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus befürchten Experten einen Anstieg der häuslichen Gewalt – diese Angst ist mitunter einer der Gründe, warum die deutsche Bundesregierung eine Ausgangssperre ablehnt. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter, kurz BDK, ist dagegen. Die Befürchtung, dass durch eine Ausgangssperre häusliche Gewalt zunimmt hat seinen Ursprung durch die deutlich gestiegenen Beschwerden in China. Dort sind die Meldungen der häuslichen Gewalt um ein dreifaches gestiegen während der landesweiten Abriegelung.
Auch emsländische Polizei fürchtet einen Anstieg
Zwar gelten in Deutschland keine Ausgangssperren, außer in vereinzelten Regionen in Bayern, ein Anstieg der Fälle der häuslichen Gewalt wird dennoch seitens der Bundes- und Landesregierungen und der örtlichen Polizei befürchtet. Auch die Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim schließt dies nicht aus. „Da die Bevölkerung in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, wird der Familie eine größere Bedeutung zukommen“, erläuterte Pressesprecher Dennis Dickebohm auf Anfrage unserer Ems TV Redaktion. Gerade auf engem Raum und „vielleicht auch durch finanzielle Ängste, berufliche Probleme, gestresste Familien“, sei laut Dickebohm eine Neigung zur Gewalt, egal in welcher Form, nicht auszuschließen.
Aus der Kriminalstatistik der Polizeiinspektion geht hervor, dass sich die Fälle der häuslichen Gewalt im Dienstbezirk Emsland/Grafschaft Bentheim deutlich vermehrt haben. 2019 wurden laut der Statistik 1.027 Fälle gemeldet – zum Vergleich: 2010 waren es 697. „Dies liegt nicht zuletzt auch am Anzeigeverhalten der Betroffenen, die weit weniger oft den Gang zur Polizei scheuen“, heißt es in einer Pressemitteilung zur KS für das vergangene Jahr.
Opferschutz während der Pandemie
„Wer in Not ist, für den gibt es Hilfe! […] Der Schutz von Opfern häuslicher Gewalt gehört mit zu den Kernaufgaben der Justiz.“, so die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza in einer Pressemitteilung. „Neben der Polizei sind auch Beratungsstellen, Frauenhäuser und Opferhilfeeinrichtungen vor Ort weiterhin telefonisch und per Mail erreichbar. Auch Beratungsgespräche finden statt, mit der Einschränkung, dass diese nach Möglichkeit telefonisch erfolgen“, versicherte Dennis Dickebohm.
So sind die Anlaufstellen des SkF, Sozialdienst katholischer Frauen, weiterhin geöffnet – nur sind die Regulierungen an die Situation angepasst, der Schutz aber bleibt. Opfer häuslicher Gewalt können sich weiterhin rund um die Uhr bei den bekannten Telefonnummern und im Kinder- und Frauenhaus melden. „Die Geschäftsstelle (SkF e.V. Meppen – Emsland Mitte) ist zwar nicht geöffnet, aber die Beraterinnen der BISS (Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt) bieten umfassende telefonische Beratungen an“ erklärte eine Mitarbeiterin des Meppener Frauenhauses der SkF.
Ablauf in Schutzhäusern während der Corona-Krise
Opfer häuslichen Gewalt können während der aktuellen Krise Schutz in den dafür errichteten Häusern finden. Infizierte Menschen können aber grundsätzlich nicht aufgenommen werden, da sie die Gesundheit anderer Bewohner gefährden würden. Daher gilt: „Bei einer Aufnahmeanfrage werden wir explizit die Themen Gesundheitszustand, mögliche Symptome, Aufenthaltsort und Kontaktpersonen telefonisch erfragen“, so der SkF in Meppen. „Bei infizierten Personen, die dringend eine Schutzunterkunft benötigen, werden wir mit dem zuständigen Gesundheitsamt in Kontakt treten“. Der Sozialdienst bietet also weiterhin Betroffenen Schutz.
Die emsländische Polizei appelliert dazu, wachsam zu sein: „Nach wie vor ist bei Verdachtsmomenten sofortiges Handeln erforderlich. Bitte melden Sie derartige Fälle weiterhin unverzüglich über den Notruf 110 der Polizei“.
Offene Anlaufstellen für Opfer
- Frauen- und Kinderschutzhaus, Tel.: 05931 – 7737
- BISS (Meppen und mittleres Emsland), Tel.: 05931 – 9841-0 oder -9841-26
- BISS (nördliches Emsland), Tel.: 0151-11875830
- Caritasverband für den Landkreis Emsland
- Beratungsstelle Papenburg (für Opfer häuslicher Gewalt), Tel.: 04961 – 9441-0
- Frauen- und Kinderschutzhaus und BISS (Lingen und südliches Emsland), Tel.: 0591 – 4129
(Foto: Symbolbild)
(05.04.20)