Am Freitag wird der jährliche Welttag der Berge gefeiert, den die UN-Generalversammlung vor 17 Jahren ins Leben gerufen hat. Mit dem „International Mountain Day“ sollen Menschen für die Probleme und Besonderheiten von Bergregionen sensibilisiert werden. Auch Niedersachen verfügt über ganz verschiedene Erhebungen, Höhenzüge und Gebirge mit variantenreichen Ökosystemen, die den Menschen auch oftmals zur Erholung dienen. Dass unser Bundesland dabei Landmarken hat, die unter dem Meeresspiegel liegen und bis fast an 1000 Meter Meereshöhe heranreichen, hat es seiner vielfältigen Geologie zu verdanken.
Von Korallenriffen über einstige Gletscherzungen bis hin zu erloschenen Vulkanen reicht die geologische Palette Niedersachsens. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat zum Welttag der Berge einige dieser Besonderheiten zusammengestellt und erklärt, wie die Erhebungen entstanden sind.
Der Wilseder Berg bei Wilsede am nördlichen Rand des Landkreises Heidekreis ist Teil eines Endmoränenzuges, der entstanden ist, als die skandinavischen Gletscher während der Saale-Kaltzeit ins heutige Niedersachsen vorstießen. Er ist mit seinen 169 Metern nicht nur die höchste Erhebung der Lüneburger Heide und norddeutschen Tiefebene, sondern bildet auch eine Wasserscheide. Die im Gebiet entspringenden Flüsse Este und Luhe entwässern in Richtung Elbe, Wümme und Böhme entwässern zur Weser.
Der höchste Berg im Südwesten des Landes ist der 331,2 Meter hohe Dörenberg südlich von Oesede und nördlich von Bad Iburg im Landkreis Osnabrück. Er ist zugleich der höchste Punkt im mittleren Abschnitt des Teutoburger Waldes und besteht aus den Osning-Sandsteinen der Unterkreide, die den Hauptkamm des Mittelgebirgszuges aufbauen. Die Sandstein-Schichten wurden vor circa 137 bis 105 Millionen Jahren als Küstensedimente abgelagert und später in der Oberkreide-Zeit vor rund 70 Millionen Jahren unter großen tektonischen Kräften gehoben, schräggestellt und teilweise überkippt. In den folgenden Jahrmillionen erodierten die festen Sandsteine weniger stark als die übrigen ebenfalls aufgerichteten Gesteine der Umgebung, so dass sie heute als Härtlinge ihre Umgebung überragen.
Der nördlich von Bad Grund im Landkreis Göttingen gelegene 562,6 Meter hohe Iberg ist zwar bei weitem nicht der höchste Berg im Harz, jedoch stellt er aus geologischer Sicht für seine Umgebung eine Besonderheit dar. Die den Berg aufbauenden Gesteine sind Riffkalke, die aus Korallen und Stromatoporen (Schwämme) bestehen und vor 380 Millionen Jahren in der Devon-Zeit (Givet und Frasne) ein Atoll bildeten, das wahrscheinlich auf einem Vulkansockel entstand. In dem Berg sind durch Verkarstungsprozesse mehrere Höhlen entstanden, die zum Teil auch besichtigt werden können.
Und es ist in Niedersachsen tatsächlich möglich, in das „Innere“ eines Vulkans zu gehen. Auf der westlichen Schulter des Leinetalgrabens bei Dransfeld im Landkreis Göttingen liegt der Hohe Hagen. Er wurde 1785 das erste Mal wissenschaftlich als Vulkan in einem Buch des in der nahen Universitätsstadt dozierenden Physikers Georg Christoph Lichtenberg erwähnt. Weitere bekannte Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe und Carl Friedrich Gauß wurden von diesem beeindruckenden Vulkanschlot angezogen. Gauß hat ihn sogar für seine Vermessungen genutzt. Ein heutiges Denkmal, der Gaußturm, erinnert daran. Der Hohe Hagen ist ein nördlicher Ausläufer der Hessischen Vulkan-Provinz. Der sichtbare Vulkanschlot des Hohen Hagens wurde und wird der Verwitterung ausgesetzt und bildet nun einen kleinen Höhenzug von (ehemals) 508 Metern und damit den höchsten niedersächsischen Berg außerhalb des Harzes. Der größte Teil des vulkanischen Gesteins ist dem Gesteinsabbau zum Opfer gefallen, so dass der Berg jetzt nur noch 490 Meter hoch ist. Die Gesteine sind als Lavagesteine abgelagert worden und bilden hexagonale Basaltsäulen. Im Umfeld sind Abbaustellen von Braunkohle zu finden.
Schließlich ist die höchste Erhebung Niedersachsens der Wurmberg bei Braunlage im Landkreis Goslar. Der 971 Meter hohe Berg ist die höchste Erhebung des Harzes außerhalb des Brockenmassivs. Er besteht größtenteils aus Granit, der gegen Ende der Variszischen Gebirgsbildung vor circa 300 Millionen Jahren in großer Tiefe aus einer Gesteinsschmelze erstarrt ist. Nach dieser Gebirgsbildung wurde das Gebiet des heutigen Harzes allerdings noch über viele Millionen Jahre hinweg immer weiter mit Ablagerungen bedeckt, die sich überwiegend in Flusssystemen und Meeren gebildet haben. Erst in der Zeit der Oberkreide vor rund 85 Millionen Jahren wurden die Gesteine des heutigen Harzes in relativ kurzer Zeit um insgesamt mehrere tausend Meter herausgehoben. Gleichzeitig wurde von dem aufsteigenden Gebirge an der Oberfläche ständig Material abgetragen. Erst diese oberkreidezeitliche Hebung und die damit verbundene Abtragung sind dafür verantwortlich, dass der Wurmberg heute ein Berg ist.
Und auch das kann Niedersachsen: Zwar gibt es in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen teilweise deutlich höhere Berge, dafür gibt es hierzulande Orte, die ein Minus vor der Höhenangabe haben. Das Freepsumer Meer, nördlich von Emden im Landkreis Aurich gelegen, ist mit -2,5 Metern der tiefste Punkt Niedersachsens und zweittiefste Deutschlands. Im Bereich des Freepsumer Meeres befinden sich unter dem Klei mächtige Torfschichten. Infolge von Setzungsprozessen des Torfes entstand dort eine Senke, die sich mit Wasser füllte. Es entstand ein fischreicher See, im Volksmund auch Küchenmeer genannt. Im Jahre 1774 gelang die Trockenlegung. Seitdem wird die Fläche landwirtschaftlich genutzt.
Nicht ganz so exponiert, aber geologisch interessant sind noch weitere Erhebungen in Niedersachsen. Zum Beispiel die Ottensteiner Hochfläche rund zwei Kilometer südöstlich von Ottenstein bei Bodenwerder im Landkreis Holzminden. Dort findet man Weserkiese, doch wie kommen solche Flussablagerungen auf eine Hochfläche? Die circa acht Meter mächtigen Weser-Restschotter sind Ablagerungen einer ehemaligen Weserschlinge um den Breitenberg und wurden rund 155 Meter über der heutigen Talaue abgelagert. Es ist bislang das älteste bekannte Niveau der Weser (Breitenberg-Niveau), die vor circa eine Million Jahren dort entlang geflossen ist.
Und schließlich gibt es auch den Berg, der auf einem Kissen liegt. Der Fuchsberg zwischen Seinstedt und Hedeper am Südrand des Landkreises Wolfenbüttel ist ein großräumiges Steinbruchgelände von mehr als 200 Metern Länge und einer Höhe von circa 181 Metern. Der auflässige Steinbruch am Fuchsberg liegt an der Nordwestflanke der Aufwölbungszone des Fallsteins, der durch die Bildung eines Salzkissens in den steinsalzführenden Schichten des Zechsteines entstanden ist. Dabei wurden die über dem Zechstein lagernden jüngeren Schichten aufgewölbt und emporgehoben. Durch Erosion ist der Kernbereich der Aufwölbung abgetragen und die ausstreichenden Schichten treten zu Tage. Am Fuchsberg findet man Unterrhät-Sandsteine des Oberen Keupers. Im Gestein kann man Schrägschichtung und Rippelmarken erkennen (Sedimentstrukturen), die Rückschlüsse auf ein Ablagerungsniveau im Wasser ziehen lassen. Abgelagert wurden die Unterrhät-Gesteine von Flüssen oder Seen. Es sind auch Fossilien wie Fische und Pflanzenreste in diesem Steinbruch zu finden.
(PM)
(11.12.20)