Lingen: „Das Bedeutende und Bedrückende an diesem Objekt ist, dass wir die Besitzerin kennen, im Unterschied zu vielen vergleichbaren Stücken in Museen und Gedenkstätten.“ Mit diesen Worten hob Susanne Schumann bei einem Vortrag im Gedenkort Jüdische Schule die Besonderheit des Kleides hervor, das Ruth Foster im Konzentrationslager getragen und dem Arbeitskreis Judentum-Christentum 1998 überlassen hatte.
Ruth Heilbronn, die nach ihrer Heirat mit einem jüdischen Arzt, den sie als Angehörigem der polnischen Brigade der englischen Armee in Lingen kennenlernte, in Großbritannien Foster hieß, überlebte als einzige der Familie die Schoa . Sie wurde 1941 von Lingen nach Riga verschleppt. Dort erlebte sie mit , wie ihr Vater Wilhelm – ein mehrfach ausgezeichneter deutscher Soldat im 1. Weltkrieg – vor ihren Augen wegen eines Stückes Brot ermordet wurde. Auch ihre Mutter, Caroline Heilbronn, wurde von den Nazis und ihren Helfern ermordet. Sie selbst wurde 1945 in Lingen von den Familien Sauerbrey und Demann aufgenommen.
Dass Ruth Foster das von ihr über Jahrzehnte aufbewahrte Erinnerungsstück dem Arbeitskreis und nicht, wie ursprünglich geplant, Yad Vashem in Jerusalem überlassen hatte, ging nach den Worten des Ehrenvorsitzenden des Forums, Dr. Heribert Lange auf das Wirken des Arbeitskreis- Gründers Josef Möddel zurück. Als sich herausstellte, dass eine wenig fachgerechte Lagerung das Objekt gefährdete, schlug Annette Sievers, Leiterin der Kunstschule Lingen und Co-Autorin einer Broschüre über Spuren jüdischen Lebens im Emsland, einen Kontakt zur Technischen Hochschule Köln vor. Dort übernahm die Studentin Susanne Schumann 2017 die Restaurierung.
Wie Schumann jetzt vor Vorstandsmitgliedern des Forums vortrug, wurden für die Herstellung des Kleides verschiedene Textilien, vor allem aus Zellulose wiederverwendet. Es habe kaum warmgehalten. Die Graue Farbe sei auf die Herstellung aus Lumpen zurückzuführen. „Man sieht dem Kleid an, welche Entbehrungen seine Trägerin erdulden musste. Die Farben sind durch Lichteinwirkung ausgeblichen und es wurde an diversen Stellen notdürftig ausgebessert“, so Schumann. In ihrer Analyse stellte die Restauratorin fest, dass das von Ruth Heilbronn benutzte Kleid zuvor schon von mindestens einer KZ-Inhaftierten getragen worden war.
Susanne Schumann, die jetzt am Textilmuseum in Krefeld arbeitet, überzeugte sich davon, dass das Exponat jetzt sachgerecht aufbewahrt wird.
(Bilder: Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V.)
(PM)
(11.10.22)