Geeste: Am 22. Juni 1941 überfällt das Deutsche Reich die Sowjetunion. Bis Kriegsende kommen mehr als drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene um, tausende auch in den Emslandlagern und zahlreichen regionalen und überregionalen Arbeitskommandos. Ehrenamtlich tätige Erfasserinnen und Erfasser haben es sich zum Ziel gemacht, möglichst detaillierte Angaben zu den vielen verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen zusammenzutragen. Diese Angaben wurden jetzt als online-Gedenkbuch veröffentlicht und auf der größten Kriegsgräberstätte der Region in Geeste-Dalum vorgestellt.
Auch in den Emslandlagern und zahlreichen regionalen und überregionalen Arbeitskommandos sterben zwischen 1941 und 1945 tausende Kriegsgefangene aus den 15 Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion. Im Emsland und in der Grafschaft Bentheim zeugen die jeweiligen „Lagerfriedhöfe“ der Kriegsgefangenenlager Oberlangen, Wesuwe, Versen, Fullen, Groß Hesepe, Dalum, Wietmarschen/Füchtenfeld, Bathorn und Alexisdorf/Neugnadenfeld (heutige Bezeichnung: „Kriegsgräberstätten“) noch heute von diesem Kapitel der neueren Geschichte.
„Wer von uns erinnert sich nicht mehr jener langen Leidenszüge von russischen Gefangenen, die sich im Kriege in die Lager des Emslandes ergossen! […] Die Transporte nach Deutschland waren oft mehr als behelfsmäßig, die Lager waren schnell überfüllt. […] Zehntausende von Gefangenen wurden in der Erde des Emslandes bestattet.“ [Emsland-Nachrichten, 6. April 1957]
Die Namen und Schicksale dieser Kriegsgefangenen waren bislang zumeist nicht oder nur wenig bekannt. In einem Kooperationsprojekt des Archivs der Gemeinde Geeste mit der Gedenkstätte Esterwegen arbeiten zahlreiche ehrenamtlich tätige „Erfasserinnen und Erfasser“ seit 2019 dieses Thema auf. Ziel des Projektes ist es, zu möglichst vielen sowjetischen Kriegsgefangenen detaillierte Angaben zur Biographie, zur Gefangenschaft und zur letzten Ruhestätte zu erfassen und zusammenzutragen. Vorrangige Quelle für diese Recherchen ist die russische Online-Plattform „OBD Memorial“, in der zahlreiche Dokumente digitalisiert vorliegen, darunter Personalkarten (zum Teil mit Fotos), Sterbefall-Anzeigen, Grablagenlisten, Verlustmeldungen und Krankenblätter von sowjetischen Kriegsgefangenen. Eine erste Ausstellung mit Zwischenergebnissen des Projektes war im Sommer 2022 im Rathaus der Gemeinde Geeste zu sehen, die entsprechenden Ausstellungsbanner können zudem von Schulen und anderen interessierten Einrichtungen ausgeliehen werden.
Die ehrenamtlich Tätigen trugen inzwischen Angaben zu annähernd 19.000 sowjetischen Kriegsgefangenen und zu Tausenden von Arbeitskommandos zusammen, die jetzt als Online-Gedenkbuch veröffentlicht und auf der größten Kriegsgräberstätte der Region in Geeste-Dalum vorgestellt wurden: memorial.gedenkstaette-esterwegen.de.
Der Geester Bürgermeister Helmut Höke sprach allen Beteiligten, insbesondere den Erfasserinnen und Erfassern, einen besonderen Dank für das wertvolle zivilgesellschaftliche Engagement aus. Zugleich verwies er auf den entstehenden „Erinnerungsort Lager XII Dalum“, an dem insbesondere auch der sowjetischen Kriegsgefangenen gedacht wird.
(Bild: Gemeinde Geeste)
(PM)
(09.02.23)