Was verbindet die Gemeinden Geestland, Emden, Großenkneten, Friesoythe, Papenburg und Emlichheim? Alles Spitzenreiter! Diese Kommunen spielen in der „Champions League“ der Energiewende: Niemand speiste 2018 in Niedersachsen so viel Windstrom ein wie Geestland (631 Millionen kWh) und Emden (381 Millionen kWh), niemand schickte aus Photovoltaik-Anlagen mehr Strom ins Netz als Großenkneten (70 Millionen kWh) und Friesoythe (39 Millionen kWh), und an der Stromeinspeisung aus Biomasse führt an Papenburg (221 Millionen kWH) und Emlichheim (207 Millionen kWh) kein Weg vorbei. Das geht aus den aktuellen Daten des Energiewendeberichts 2019 des Umweltministeriums hervor, der jetzt erschienen ist. „Eine Bilanz voller Rekorde, aber auch dramatischer Entwicklungen“, so Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies.
Um das auch für die Zukunft sicherzustellen, fordert Lies die Senkung der EEG-Umlage auf 2 Cent. „Wir sind in einer ganz ungewöhnlichen Situation. Der Strompreis an der Börse sinkt auch durch den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich. Aber anstatt, dass dieser Vorteil auch beim privaten Kunden und beim Mittelstand ankommt, steigt der Strompreis für die Nutzer immer weiter an. Damit muss Schluss sein. Nur so ist sichergestellt, dass auch weiter konsequent in Klimaschutzmaßnahmen investiert wird. Klimaschutz lohnt sich, aber er muss sich auch wirtschaftlich rechnen.“
In Niedersachsen wurde noch nie mehr Strom aus erneuerbaren Energieträgern produziert (49,7 Milliarden kWh). Auf ganz Deutschland gerechnet trägt damit jede fünfte Kilowattstunde Strom aus regenerativen Quellen das Label „Made in Niedersachsen“. Im Stromsektor lag der Anteil der Erneuerbaren teilweise bei 88,6 Prozent. „Erstmals fiel damit die Stromproduktion aus Wind, Sonne und Biomasse höher aus als aus Atomenergie, Kohle und Gas“, zeigt sich Niedersachsens Energieminister stolz auf die bisher erreichten Ergebnisse bei der Energiewende. „Zur Wahrheit aber gehört auch, dass es einen dramatischen Einbruch beim Zubau der Windenergie gegeben hat. Schuld daran tragen unzureichende bundesgesetzliche Regelungen und die zum Teil mangelnde Akzeptanz vor Ort“, übt Umweltminister Lies auch scharfe Kritik an der Bundesregierung. „Diese Entwicklung trifft Niedersachsen als Windenergieland Nummer 1 besonders hart. Damit werden nicht nur Klimaschutzziele gefährdet, sondern auch zehntausende Arbeitsplätze. Ich fordere die Bundesregierung zur Kehrtwende auf: Leichterer und unbürokratischerer Ausbau der Windenergie an Land und auf See, kein Deckel mehr für die Photovoltaik und intelligente Lösungen bei Bio-Energie.“
Und noch immer werden 61,4 Millionen Tonnen CO2 in Niedersachsen emittiert – ein Rückgang um 20 Prozent gegenüber 1990. „Aber viel könnte noch getan werden – allein bei den alten Ölheizungen“, rechnet Lies vor: „Das durchschnittliche Alter der aktuell in Niedersachsen genutzten Ölheizungen beträgt 19,8 Jahre. Mit Wärmepumpen, Pellet- und Gasbrennwertheizungen bieten sich hier enorme Potenziale zur CO2-Einsparung.“
Ein Blick auf die Karte Niedersachsens zeigt deutliche Unterschiede auf dem Sektor der Energiewende. Im Windenergieland Nummer 1 in Deutschland stehen die meisten Anlagen im Nordwesten, etwa in dem Viereck aus niederländischer Grenze, Nordsee-Küste, Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen und der Linie von Cuxhaven bis Nienburg. Im restlichen Niedersachsen existieren eher einzelne Windinseln in einigen Landkreisen. Die Photovoltaik liefert nahezu das gleiche Bild. Allerdings steuern die Großregion Hannover und Süd-Niedersachsen einen Anteil bei.
Trotz aller aktuellen Probleme bei der Windenergie rangiert Niedersachsen weiter unangefochten auf Platz 1 in Deutschland. Im Jahr 2019 listet die Statistik für Niedersachsen 6342 Anlagen an Land mit einer Leistung von 11.325 Megawatt Leistung auf, bundesweit sind es 53.912 Megawatt Leistung mittels 29.456 Anlagen. Niedersächsische Windräder besitzen im Durchschnitt eine Nabenhöhe von 130 Metern und einen Rotordurchmesser von 118 Metern.
Die Windenergie auf See hat im Gegensatz zu mancher Flaute an Land deutlich an Fahrt aufgenommen. Im Schnitt sind die Offshore-Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 155 Metern etwas größer als die Onshore-Windräder. 2019 kamen 1.111 Megawatt Windleistung hinzu, damit waren erstmals 7.516 Megawatt Offshore-Windleistung am Netz. Mit 4.662 Megawatt sind davon mehr als 60 Prozent der installierten Leistung über Niedersachsen an das Stromnetz angebunden. „Das reicht aber noch nicht, um die vom Bund gesteckten Klimaziele zu erreichen, wir brauchen noch mehr Strom vom Meer“, so Umweltminister Lies. „Darum ist es gut und richtig, dass wir gemeinsam mit den anderen Küstenländern sowie den Übergangsnetzbetreibern und dem Bund jetzt vereinbart haben, die installierte Leistung von Windkraftanlagen auf See auf 20 GW im Jahr 2030 auszubauen. Aber die Planungen müssen deutlich darüber hinausgehen. In den nächsten 20 Jahren müssen wir auf mindestens 40 GW in den deutschen Nordseegewässern kommen.“
Den Energiewendebericht 2019 für das Land Niedersachsen zum Download finden Sie hier .
(Foto: Symbolbild)
(11.05.20)