Seit dem 16. April sind die Schulen niedersachsenweit geschlossen – „Homeschooling“ ist also angesagt. Denn die Schülerinnen und Schüler müssen ihrer Schulpflicht trotz Unterrichtsausfall nachkommen und zuhause Aufgaben bearbeiten und büffeln. Damit stehen nicht nur Eltern von jüngeren Kindern, die bei der Erledigung der gegeben Aufgaben besonders betreut werden müssen, vor einer Herausforderung: Auch die Schülerinnen und Schüler, die kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen, haben es nicht unbedingt leicht.
Eigentlich sollte die Prüfungsphase für die diesjährigen Abiturienten am 20. April starten – diese wurde aus aktuellem Anlass jedoch um rund drei Wochen nach hinten verschoben. Am 11. Mai soll die erste Abiturprüfung im Fach Geschichte absolviert werden – die letzte, im Fach Latein, am 30 Mai. Mit der Verlegung der Prüfungsphase sollen Lehrer und Prüflinge Zeit gewinnen, um sich der Situation anzupassen und den Lernstoff angemessen nachzuholen. Doch wie funktioniert das in der Praxis? Wir fragten einen Meppener Abiturienten.
Tjard S. ist 19 Jahre alt und besucht derzeit das berufliche Gymnasium an der BBS Meppen. „Ich stehe tatsächlich immer noch früh auf, zwischen 6 und 8 Uhr, setze mich an den Laptop und checke erstmal meine Emails“, so der Schüler in einem Interview mit der Redaktion. Das frühe Aufstehen gelingt ihm nicht immer: „Dies fällt allerdings oftmals sehr schwer, wenn man nicht dazu gezwungen ist, pünktlich um 8 Uhr in der Schule zu sitzen“. Danach erledige er gegebene Aufgaben oder wiederholt selbständig früheren Lernstoff.
Die Aufgaben bekommt er von seinen Lehrern zugeschickt: „Meine Schule nutzt seit längerer Zeit den Schulserver IServ. Über diesen werden mir, durch entweder Email oder die Messenger-Funktion, Aufgaben und Nachrichten geschickt“. Ganz allein auf sich gestellt ist der 19-Jährige nicht. Mindestens einmal in der Woche bietet sich ihm die Möglichkeit eines Videochats mit seinen Lehrkräften und anderen Schülerinnen und Schüler seines Jahrgangs.
Aber genügt das, um sich vernünftig auf seine Prüfungen vorzubereiten? „Auch wenn unsere Lehrer uns sehr viel Hilfe anbieten, kommt eine digitale Besprechung nun mal leider nicht an richtigen Unterricht und persönliche Gespräche heran“, so Tjard. Wirklich gut vorbereitet fühlt er sich dadurch nicht.
Die Unsicherheit, ob seine Prüfungen wirklich stattfinden oder doch noch abgesagt werden, macht es ihm nicht unbedingt leichter: „Diese Unsicherheit ist mit das Schwierigste zurzeit. Sobald die Chance besteht, dass die Prüfungen ausfallen könnten, hat man unterbewusst bereits einen Teil der Motivation verloren“.
Gestern wurde von Bund und Länder beschlossen, dass die Schulen, unter anderem, für Abschlussklassen schrittweise ab dem 04. Mai wieder öffnen dürfen – unter vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen und in verkleinerten Klassen. Somit sei eine Absolvierung der Prüfungen gewährleistet. Falls es jedoch doch noch zu einem Ausfall kommen sollte, hat der niedersächsische Kultusminister Grant-Hendrik Tonne beschlossen, ein „Durschnittsabitur“ für die diesjährigen Absolventen einzuführen. Die Abschlussnoten würden sich demnach aus den Noten der vergangenen vier Schulhalbjahren zusammensetzen. Tjard S. ist davon nicht unbedingt abgeneigt, sieht aber auch Probleme bei dieser Lösung: „Um ehrlich zu sein, würde ich diese Regelung gar nicht so schlecht finden, da ich mit meinem Durchschnitt recht zufrieden bin. Das Problem hierbei würde dann eher sein, dass die Gefahr besteht, dass zukünftige Arbeitgeber dieses „Durchschnittsabitur“ nicht als vollwertiges Abitur sehen, obwohl die bis jetzt erbrachten Leistungen, meiner Meinung, nach bereits genügen“.
Nicht nur die Abiturienten sind von der Unsicherheit und der Verschiebung der Abschlussprüfungen betroffen: Auch die Prüfungsphase für den Abschluss der Sekundarstufe I sind nach hinten geschoben worden. Somit schreiben die Schülerinnen und Schüler von, beispielsweise, Haupt- und Realschulen ihre Prüfungen vom 20. bis zum 28. Mai.
(Foto: Symbolbild)
(16.04.20)