Landkreis Emsland/Grafschaft Bentheim: Im Vergleich zum Jahr 2018 gibt die Verkehrsunfallstatistik für das vergangene Jahr eine eher nüchterne Bilanz ab.
Die Unfallzahlen sind um 467 Unfälle zum Vorjahr auf insgesamt 9751 gestiegen, ein Zuwachs von fünf Prozent. Besorgniserregend ist dabei insbesondere die hohe Zahl der tödlich verletzten Verkehrsteilnehmer. Lag sie in 2018 bei 18 Personen, so verstarben im vergangenen Jahr 29 Menschen bei Verkehrsunfällen auf den Straßen im Emsland und in der Grafschaft Bentheim. „Insbesondere aufgrund dieser bedenklich hohen Zahlen müssen wir den Unfallursachen weiter auf den Grund gehen und diesen vehement entgegenwirken,“ so die Inspektionsleiterin Nicola Simon. Entgegen der Unfälle mit tödlichem Ausgang sank die Zahl derer mit schwer verletzten Personen um 55 auf 423 Unfälle.
Die Gesamtanzahl der Verkehrsunfälle auf den Autobahnen 30 und 31 hat im vergangenen Jahr leicht abgenommen. Auch die Anzahl der Unfälle mit schwer-sowie leicht verletzten Verkehrsteilnehmern sank weiter, wohingegen die LKW-Unfälle mit verletzten Personen nach einer Abnahme in 2018 wieder zunahmen. Auf den Autobahnen kam im Jahr 2019 drei Menschen ums Leben. Um auch an dieser Stelle handlungsfähig zu sein appelliert die Inspektionsleiterin an die PKW-und LKW-Fahrer auf den Autobahnen unserer Region:“ Es ist von existenzieller Bedeutung bei einem Verkehrsunfall auf den Autobahnen schnellstmöglich an die jeweiligen Unfallstellen zu gelangen. Eine gut funktionierende Rettungsgasse rettet Leben. Diese Problematik werden wir im Augen behalten und mit den dafür vorgesehenen Bußgeldern konsequent ahnden.“
Unfallursachen schwerer Verkehrsunfälle
Wie bereits in 2018 waren auch im vergangenen Jahr Unachtsamkeit und Ablenkung die häufigsten Ursachen der Unfälle mit schwerem Personenschaden. „Diese auch nach wie vor unterschätzte Gefahr ist im Vergleich deutlich überrepräsentiert und stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Nur ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, lässt den Bremsweg erheblich anwachsen. Ein Unfall ist dann kaum noch vermeidbar,“ machte der Leiter des Einsatzbereiches, Polizeioberrat Robert Raaz deutlich. Vorfahrtsverletzungen und die fehlende Fahreignung aufgrund Alkohol-Drogen-oder Medikamentenbeeinflussung führten verhältnismäßig oft zu schweren Verkehrsunfällen. Auch die unangepasste Geschwindigkeit ist noch immer eine der Hauptunfallursachen und spielt neben den anderen Ursachen eine wesentliche Rolle. Sie erhöht bei jedem Verkehrsunfall die Schwere der Verletzungen. Die Anzahl der Gesamtunfälle in der Polizeiinspektion (ausgenommen ist hier die Autobahn) unter Alkoholeinfluss hat im vergangenen Jahr um 17 Prozent zugenommen. Waren es im Jahr 2018 noch 194 Unfälle, so haben im Folgejahr 227 Fahrzeugführer einen Unfall unter dem Einfluss von Alkohol verursacht.
Risikogruppen auch weiter im Fokus
Nach wie vor stehen junge Fahranfänger und Senioren im Fokus der polizeilichen Verkehrsunfallprävention. Nicht zuletzt gelten beide Altersgruppen als Hauptverursacher schwerer und tödlicher Verkehrsunfälle. Im vergangenen Jahr wurden 158 schwere Unfälle von Senioren über 65 Jahren verursacht, ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Bei den Fahranfängern verzeichnete die Inspektion eine Zunahme von fünf Prozent. 187 schwere Verkehrsunfälle wurden von Personen zwischen 18-24 Jahren verursacht. Die Präventionsteams der Inspektion leisten auch hier einen unermüdlichen Einsatz. So wurden in den vergangenen Jahren unterschiedliche Präventionsprojekte für sämtliche Altersgruppen entwickelt. Neben dem Projekt „Abgefahren!Wie krass ist das denn“, welches die jungen Fahranfänger anspricht, war die Resonanz unter den Senioren abermals sehr groß, als sie auch im vergangenem Jahr unter dem Motto „Fit im Auto“ ein Fahrtraining absolvieren konnten. „Diese Projekte sind sehr wertvoll. Der große Zuspruch gibt uns Recht. Auch hier dürfen wir uns nicht ausruhen und müssen weiter die Zeichen der Zeit erkennen, uns weiterentwickeln und immer für die Bürgerinnen und Bürger ansprechbar bleiben“, so die Leitende Polizeidirektorin weiter.
Nicht zuletzt wurde im vergangenen Jahr in Nordhorn ein einzigartiges Verkehrspräventionsprojekt auf die Beine gestellt. Das Rote-Ritter-Mobil. Gemeinsam mit den Berufsbildenden Schulen und der herausragenden finanziellen Unterstützung der „Aktion Kinderunfallhilfe e.V.“ sowie „TEILEn e.V.“ konnte dies erst realisiert werden. Durch das Engagement der Erzieherinnen und Erzieher und dem nun vorhandenen Lehrmaterial wird ein wertvoller Beitrag zur Verkehrserziehung in den Kindergärten geleistet.
Unfälle mit Pedelec und E-Bike
Die Anzahl der Unfälle bei denen ein Fahrrad, ein Pedelec oder ein E-Bike-45 (S-Pedelec) involviert war, ist auch im vergangenen Jahr weiter angestiegen. Hier ist ein Plus von 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, von 812 auf 857 Unfällen, zu verzeichnen. Besonders beunruhigend ist hier die seit vielen Jahren kontinuierlich ansteigende Anzahl der schweren Pedelec-Unfälle. Diese ist zum Vorjahr um 26,2 Prozent gestiegen. Betrachtet man die Gesamtanzahl der Unfälle mit einem Pedelec, so waren bei 44 Prozent Senioren über 65 Jahren beteiligt. „Die Geschwindigkeit der Pedelecs und E-Bikes wird in vielen Fällen einfach unterschätzt. Hier ist eine erhöhte Sichtbarkeit und der eigene Schutz durch einen entsprechenden Helm unabdingbar“, betonte die Polizeichefin. Zudem unterstützen Trainings die sichere Teilnahme im Straßenverkehr. Im Rahmen des Programms „Fit mit dem Pedelec“ werden die meist älteren Teilnehmer durch einen Parcours geführt und auf ihre Reaktionsfähigkeit in brenzligen Situationen geschult.
„In unserer Inspektion werden auch wir im laufenden Jahr einen landesweiten Schwerpunkt setzen und die Kontrollen bei Rad fahrenden Verkehrsteilnehmern verstärken“, so Robert Raaz weiter.
Unfallopferberatung weiter gefragt
Die im Jahr 2018 neu etablierte proaktive Verkehrsunfallopferberatung fand auch im vergangenen Jahr erneut großen Anklang. Zu den Opfern im Sinne des Rahmenkonzeptes zählen alle direkt und indirekt an tödlichen Verkehrsunfällen Beteiligte. Dazu gehören Verursacher, Hinterbliebene aber auch Zeugen und Ersthelfer. Im vergangenen Jahr wurden 51 persönliche Beratungsgespräche durch die Unfallopferberaterin Polizeikommissarin Heike Berding geführt, ein Bedarf von 80 Prozent.
(Foto Symbolbild)
(04.04.20)