Nordhorn: Es ist geschafft! Die vier Waldbisons „Jolon“, „Jul ius“, „Juni“ und „Jana“, die 2019 im Tierpark Nordhorn geboren wurden, haben ihre neue Heimat im Naturschutzgebiet „Cospudener See“ erreicht. Vor ausgegangen waren diesem Transport monatelange Vorbereitungen. Denn d ie stattlichen Paarhufer laufen nicht so einfach auf einen Anhänge r wie beispielsweise die aus dem Hutewald Bad Bentheim bekannten, tierpa rkeigenen Gallowayrinder. Zwar gehören auch Waldbisons zu den Rindern (Bovini), aber zu einer der Wildformen. Schon die Haustierfor m des Galloways ist nicht handzahm, jedoch deutlich umgänglicher und fr iedfertiger als ihre aus Kanada stammenden wilden Verwandten. Waldbisons sind die Wappentiere des Tierparks Nordh orn und die Zucht floriert in den letzten Jahren ungemein. „Nur selte n kann ein Jungtier in der Ursprungsherde verbleiben. Dafür ist der Platz im Zoo zu begrenzt und zudem möchte man natürlich Inzucht – also die Zucht nahe verwandter Tiere vermeiden“, so Tierparkleiter Dr. Nils Kramer . Aus diesem Grund suchen die Kuratoren der Tierparks immer nach ander en Zoos, Projekten oder auch spezialisierten Privathaltern, die Jungti ere übernehmen können. Mit dem Wildpark Connewitz, geleitet von Andreas Si ckert (Abteilungsleiter Stadtforsten, Forstbehörde der St adt Leipzig), wurde bereits vor Jahren ein solcher Interessent gefunden . Denn der Wildpark ist in die Beweidung der Naturschutzflächen am Cospuden er See, nahe Markkleeberg mit einbezogen. Hier weiden auf versch iedenen Flächen Waldbisons, Sikawild und verschiedene Schafrassen. Die Tiere ernähren sich den größten Teil des Jahres von dem, was die gr oßen Gehegeflächen bieten. Sie verhindern dadurch eine Verbuschung und Bewaldung des Geländes und schaffen so seltenen Pflanzen und Tier en, die offenes Gelände bevorzugen, einen geeigneten Lebensraum. Le diglich in Notzeiten, aus medizinischen Gründen oder zur Konta kthaltung mit den Menschen wird zugefüttert. Dieses sich wirtschaftlich selbst tragende Projekt wird von Forschern der Ökologischen Station Borna-Birkenhain wissenschaftl ich begleitet. Sie untersuchen vor Ort die Einflüsse der Gehegetiere a uf Flora und Fauna. Ein solchen Arten- und Naturschutzprojekt unterstüt zt der Tierpark Nordhorn mit seinen Tieren natürlich gerne. Spiegel t es doch genau die Arbeit wieder, die der Zoo auch hier in der Grafsch aft mit seinen Tieren betreibt: nämlich regionalen Naturschutz, samt Fors chung, Artenschutz, pädagogische Arbeit und Förderung der Naherholung. Dabei dürften die drei großen Tierpark Nordhorn-Projekte „Hutewald Bad Bentheim“, „Tillenbergener Wacholderheide“ sowie „Wachholderha in Bardel“ insbesondere durch die stetig angebotenen Führungen wohl bekannt sein. Die Tiere am Cospudener See in Sachsen werden dageg en nicht direkt vom Wildpark Connewitz, sondern von der Schäferin K erstin Doppelstein betreut. Diese hat sich mächtig gefreut, als nun zw ei weibliche und zwei männliche Waldbisons aus Nordhorn wohlbehalten bei ihr eintrafen. So ein Umzug ist für die Tiere natürlich mit Aufregung ver bunden. Diese ging bereits morgens in Nordhorn los, als die vier Bison s durch die Tierpfleger von ihrer Herde im Stall getrennt wurden. Dann kam Zootierärztin Dr. Heike Weber und verpasste ihnen per Blasrohr einen Pfeil mit einem beruhigenden Medikament. „Die Wirkung tritt nach ca . einer halben Stunde ein und hat den großen Vorteil, dass die Tier e etwas entspannter durch einen Treibgang in den angeschlossenen Fangst and laufen,“ erläutert Weber. Dort fixiert wurde es noch einmal kurz unangenehm, da Ohrmarken eingezogen und Blutproben für vorgeschrie bene Untersuchungen genommen werden mussten. „Wir waren allerdings sehr überrascht, dass eines der Bisons sogar an den ange botenen Möhren kaute, während ich mich bemühte genügend Blut aus s einer Schwanzvene zu gewinnen“, bemerkt die Zootierärztin weiter. Da die Bisons natürlich nicht total ruhig im Fangstand stehen, ist auch das Blutnehmen bei ihnen deutlich schwieriger als bei Hausrindern. Zwischen dem ständigen Zappeln der Tiere die Kanüle an der richtigen Stelle zu pla tzieren, diese nicht zu verlieren und sich selber bei dem ganzen Tumult nic ht zu verletzen ist schon eine Herausforderung. Aber am Ende hat alles gut geklappt. Neben den super engagierten Tierparkmitarbeitern sowie zw ei Zootierarztkollegen aus Osnabrück ist besonders der Transporteur Roy Smith von der Firma „Interzoo“ extrem erfahren im U mgang mit Bisons. Nachdem die Tiere im Fangstand fertig waren ließ er sie auf seinen grünen Hänger laufen und sperrte sie dort einzeln ab. Bei Hornträgern ist das nötig, da sich die Tiere sonst gegenseitig während der Fahrt verletzen könnten. Angekommen am Cospudener See verließen die einjährig en, ca. 300 kg schweren Tiere den Anhänger teilweise erst zögerlic h. Aber die großen Grünflächen überzeugten letztendlich dann auch das vorsichtigste Tier, den Interzoo-Anhänger zu verlassen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Vier gut in Sachsen einleben und dort zur Erhaltung ihrer Art beitragen. Im Nordhorner Zoo si nd in diesem Jahr bereits zwei weibliche Waldbisonkälber geboren word en. Die Kleinen haben noch das hellbraune „Kinderfell“ und es ist w ahrlich eine Freude, ihnen beim Spielen und Toben auf der großen Außenanlage zuzuschauen.
Foto: Tierpark Nordhorn
(09.07.20)