In Deutschland leidet laut einer Studie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2022 rund ein Drittel der Schichtarbeitenden regelmäßig unter Schlafstörungen. Besonders betroffen: Pflegekräfte, Fahrer und Produktionsmitarbeitende. Der Körper will zur Ruhe kommen, aber der Kopf bleibt wach. Trotz müder Augen funktioniert der Schlafschalter nicht. Warum gelingt es vielen Menschen nach der Nachtschicht einfach nicht abzuschalten? Und wie kann man diesen Teufelskreis aus Erschöpfung und innerer Unruhe endlich durchbrechen? Die Antwort liegt nicht in Tabletten oder Schlaftricks allein.
Schichtstress macht krank
Nach einer durchgearbeiteten Nacht flackern die Augenlider, der Magen knurrt, und die Welt draußen wirkt zu laut. Der Biorhythmus ist aus dem Takt geraten, und das nicht nur gelegentlich. Wer im Emsland beispielsweise in einem Krankenhaus, einer Backstube oder auf einem Logistikzentrum arbeitet, kennt diese Erschöpfung, die sich nicht einfach „ausschlafen“ lässt. Denn Schlaf ist nicht gleich Schlaf. Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung zeigen, dass Menschen in Wechselschichten deutlich weniger Tiefschlafphasen erreichen. Das führt zu Konzentrationsproblemen, Gereiztheit und langfristig erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Einige Betroffene setzen daher auf natürliche Einschlafhilfen. Neben Lavendeltee oder beruhigender Musik sind auch alternative Produkte wie zum Beispiel sogenannte CBD Blüten in Gesprächen präsent. Diese stammen aus der Hanfpflanze, enthalten jedoch kein THC, das psychoaktiv wirkt. Sie sollen helfen, körperliche Spannungen zu reduzieren und das Einschlafen zu erleichtern. Auch wenn die Wirkung noch nicht abschließend erforscht ist, greifen manche Menschen lieber zu solchen pflanzlichen Mitteln als zu Schlafmitteln mit Abhängigkeitspotenzial.
Warum Schlaf nach der Schicht so schwierig ist
Die Nacht hindurch aktiv zu sein bedeutet nicht nur, wach zu bleiben, sondern auch, den eigenen Körper permanent gegen seinen natürlichen Takt arbeiten zu lassen. Normalerweise schüttet der menschliche Organismus in der Dunkelheit das Schlafhormon Melatonin aus. Doch bei Kunstlicht und Aktivphasen in der Nacht gerät dieser Prozess ins Stocken. Wer morgens um sieben ins Bett geht, liegt häufig lange wach, weil das Licht durch die Fenster strahlt, die Familie lärmt oder der Körper auf „Tag“ geschaltet ist. Diese Schlafstörung ist kein individuelles Problem, sondern ein systemisches.
Vor allem Langzeit-Schichtarbeitende entwickeln häufig Symptome eines sogenannten Schichtarbeitersyndroms. Dazu zählen chronische Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden, erhöhte Fehleranfälligkeit bei der Arbeit und depressive Verstimmungen.
Umgebung bewusst schlaffreundlich gestalten
Eine entscheidende Rolle spielt die Schlafumgebung. Schichtarbeitende sollten das Schlafzimmer als echten Erholungsort begreifen. Verdunkelungsvorhänge, Ohrenstöpsel, eine konstante Raumtemperatur zwischen 16 und 18 Grad Celsius sowie das Entfernen aller Bildschirme sind sinnvolle Schritte. Elektronische Geräte strahlen Blaulicht aus, das die Melatoninproduktion unterdrückt. Deshalb sollte das Handy mindestens eine Stunde vor dem Schlafen aus dem Raum verschwinden.
Auch Rituale helfen, dem Körper Schlafbereitschaft zu signalisieren. Ein warmes Bad, eine Atemübung oder das Schreiben in ein Dankbarkeitstagebuch können die Umstellung erleichtern. In einem Experiment der Universität Basel berichteten 65 Prozent der Teilnehmenden, die ihren Schlafzimmerbereich gezielt optimiert hatten, von einer besseren Schlafqualität nach nur zwei Wochen.
Soziale Isolation und psychische Folgen
Schichtarbeit trennt Menschen vom „normalen Leben“. Geburtstage, Vereinsabende, gemeinsame Abendessen – all das wird zum Luxus. Dieses soziale Defizit kann sich tief auf das seelische Wohlbefinden auswirken. Wenn der Freundeskreis nicht mehr erreichbar ist und Gespräche auf dem Schulhof oder am Arbeitsplatz entfallen, fühlen sich viele allein. Besonders Alleinstehende oder Alleinerziehende trifft das hart.
Um dem entgegenzuwirken, empfehlen Psychologen aktive soziale Planung. Kleine feste Fenster für Kontakte – etwa ein Telefonat nach dem Aufstehen oder ein gemeinsames Frühstück am freien Vormittag – können helfen, Isolation zu durchbrechen. Auch digitale Gruppen oder Schichtarbeitsforen bieten Möglichkeiten zum Austausch und für gegenseitige Unterstützung. Wer sich verstanden fühlt, schläft meist auch besser.
(24.07.25)